Was tun, wenn der Kunde nicht zahlt?

Manchmal lieber anrufen als mahnen

Was tun, wenn der Kunde nicht zahlt?

29. Dezember 2023 agvs-upsa.ch – Früher oder später trifft es wohl jede Garagistin und jeden Garagisten: Ein Kunde zahlt nicht. Muss man mahnen, darf man sofortige Barzahlung verlangen oder gar das Auto einbehalten? Die AGVS-Medien erläutern die wichtigsten Regeln – und gibt Tipps, welche die Zahlungsmoral verbessern können. 
Tim Pfannkuchen

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Manchmal bewirkt ein persönlicher Anruf bei säumigen Zahlern mehr als gleich eine Mahnung – die Garagisten leider immer öfter schreiben müssen. Fotos: Shutterstock

In Zeiten der Unsicherheit sinkt laut Experten die Zahlungsmoral stark. Zahlt ein Kunde nicht, ist das ärgerlich, kann existenzgefährdend sein und kostet den Gläubiger Zeit und Geld. Daher vorab: Kleine «Tricks» fördern die Zahlungsbereitschaft. Dies beginnt mit einer klaren Rechnung mit Zahlungsfrist (idealerweise «zahlbar bis» statt «innert X Tagen»). Und: Ein Dealer Management System (DMS) vereinfacht solche Prozesse massiv. 

Man darf Kunden heute auch ruhig fragen, ob Sofortzahlung am Kartenterminal gewünscht ist – denn seit Corona ist das «in». Und: Ja, Bar- respektive Sofortzahlung darf verlangt werden, die übliche Zahlungsfrist von zehn oder 30 Tagen ist keine Pflicht (ausser, es ist im Vertrag oder den AGB so vereinbart). Schickt man, wie meist, eine briefliche Rechnung, sollte diese zügig ankommen: Nach Wochen verblasst die Erinnerung an erfolgreiche Reparatur und guten Service, dann erscheint dem Kunden die Rechnungssumme prompt gefühlt höher. Ein häufiges Missverständnis bei Kunden ist, dass als Ende der Zahlungsfrist der Tag des Zahlungseingangs und nicht des Geldausgangs gilt. Zu guter Letzt kann Skonto, also ein Nachlass bei sehr schneller Zahlung (in der Rechnung dazu Frist und Höhe – meist zwei bis vier Prozent – angeben) die Zahlungsmoral verbessern.
 
Ist die Zahlungsfrist abgelaufen, sollte man nicht nur bei Stammkunden bedenken: Eine Rechnung kann vergessen werden, eine Banküberweisung drei Tage dauern. «Ist die Zahlungsfrist verstrichen und die Zahlung noch nicht eingegangen, sollte nichts überstürzt werden», sagt hierzu Tahir Pardhan (links im Bild), Verbandsjurist und Leiter des AGVS-Rechtsdienstes, welcher AGVS-Mitgliedern auch in Rechtsfragen Auskunft gibt. «In manchen Fällen kann es gute Gründe geben, weshalb die Zahlung noch nicht erfolgt ist», so ­Pardhan, «Direkt mit der Mahnung rechtliche Folgen anzudrohen, ist meist kontraproduktiv. Besser geht es mit der freundlichen Erinnerung an die fällige Zahlung.»

Daher sollte die erste Mahnung höflich sein und Zahlungserinnerung heissen, aber eine klare Aufforderung zur Zahlung statt nur nettes Schreiben sein – und erst einige Tage nach Fristablauf versendet werden. Im Schreiben sollte auf die ursprüngliche Rechnung (Nummer, Datum, Betrag) verwiesen werden und darauf, dass sie gegenstandslos ist, sofern der Betrag derweil eingeht. Auch sollte die Mahnstufe (im üblichen dreistufigen System z.B. Zahlungserinnerung, zweite Mahnung, dritte Mahnung mit Betreibungsandrohung) vermerkt sein. 

Mahnungen sind übrigens nicht verpflichtend, theoretisch darf bei ausgebliebener Zahlung nach Fälligkeit direkt betrieben werden, was freilich kundenunfreundlich wäre. Kundenfreundlich kann je nach Kundin oder Kunde sein, wenn die Garagistin oder der Garagist telefonisch oder per Whatsapp nachhakt: Persönlicher Kontakt wirkt! Eine Mär ist, dass eine letzte Mahnung als Einschreiben versandt werden müsse. Muss sie nicht. Sollte sie jedoch: Ein Einschreiben dient vor Gericht als Beweis, dass der Schuldner das Schreiben erhalten hat. Zudem erhöht es den psychologischen Druck. Wichtig: Mahnspesen dürfen nur aufgeschlagen werden, wenn sie im Vertrag genau beziffert sind. Gesetzlich besteht nur Anspruch auf fünf Prozent Verzugszins ab der ersten (nicht, wie oft angenommen, erst zweiten) Mahnung. Gut zu wissen: Zinsen kann man verlangen, sobald der Schuldner in Verzug (nach Ablauf der Zahlungsfrist) ist – falls die Mahnung nachweislich zugestellt wurde. In der Praxis wird Verzugszins daher oft erst ab der Zustellung der letzten Mahnung verlangt, da meist nur diese nachweislich (eingeschrieben) ankommt. Und will man Zins berechnen, sollte man sich dies in Mahnungen ausdrücklich vorbehalten. 

Wirkt alles nicht, bleibt nur die Betreibung gemäss Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG). Beim Betreibungsamt am Wohnort (bei Firmen am Sitz) des Schuldners muss mündlich oder schriftlich ein Betreibungsbegehren eingereicht werden; dieses lässt sich auch online (Betreibungsschalter des Bundes) ausfüllen. Das Betreibungsamt stellt dem Schuldner einen Zahlungsbefehl (Zahlungsfrist 20 Tage) zu, gegen den dieser bei Zustellung mündlich oder schriftlich binnen zehn Tagen Rechtsvorschlag erheben kann. Tut er das, ruht die Betreibung: Erst ein Gerichtsentscheid kann den Rechtsvorschlag aufheben, der Gläubiger muss ihn also gerichtlich «beseitigen» lassen. «An diesem Punkt empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt einzuschalten», rät Tahir Pardhan. 

Leider kostet eine Betreibung auch den Gläubiger etwas. Die Kosten variieren je nach Kanton, betragen aber für Beträge bis 10000 Franken in der Regel unter 100 Franken. Hinzu können weitere Gebühren kommen (z.B. aufwendige Zustellung). Ein gewisses Risiko besteht bei Betreibung auf Pfändung bzw. Konkursverfahren (auf die Unterschiede gehen wir hier nicht ein), falls jene nicht die Kosten dafür einspielt – dann bleibt der Garagist als Gläubiger darauf sitzen. 
Bleibt die Frage: Darf der Garagist ein verkauftes oder gewartetes Auto bis zur Bezahlung einbehalten? Ja – vorbehaltlich (seltener) anderslautender Vereinbarungen. Aber selbstredend sollte dies das letzte Mittel sein.
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