Traumjob im Motorsport
«Viel Herzblut gefragt»
11. September 2020 agvs-upsa.ch – Roman Giger hat seinen Traum verwirklichen können. Letzten Herbst nahm er sein Diplom als Automobil-Diagnostiker entgegen, nun arbeitet er als Junior-Mechaniker für ein Formel-1-Team. Der junge Luzerner gehört seit 2020 zu den Mitarbeitern von Alfa Romeo Racing Orlen, dem Schweizer Automobilrennstall mit Sitz in Hinwil ZH.
Der 24-Jährige Luzerner Automobil-Diagnostiker, Roman Giger, arbeitet seit 2020 als Junior-Mechaniker für das Hinwiler Formel-1-Team von Alfa Romeo Racing Orlen. Quelle: Sauber
jas. Herr Giger, war für Sie schon während der Ausbildung klar, dass Sie einst in die Formel 1 wollen?
Roman Giger, Automobil-Diagnostiker und Junior-Mechaniker bei der Sauber Motorsport AG: (lacht) Eigentlich schon viel früher. Mein Vater besitzt in Richenthal LU die Hubgarage AG. Ich war schon als Kind immer von Autos umgeben und bereits damals fasziniert vom Motorsport. Schon als Jugendlicher verfolgte ich Rallye, RallyeCross, MotoGP und Formel1, später interessierte ich mich auch für Driftrennen und fuhr selbst welche. Daher war es für mich schon immer ein Wunschtraum, irgendwann für ein Formel-1-Team arbeiten zu dürfen.
Wie gelang Ihnen der Sprung in die Hinwiler F1-Schmiede?
Ich habe schon während meiner Ausbildung zum Automobil-Diagnostiker auf dem Internetportal von Sauber jeweils geschaut, welche Jobs ausgeschrieben waren. Im September 2019 habe ich dann den Job als Junior-Mechaniker entdeckt und mich noch kurz vor dem Abschluss zum Automobil-Diagnostiker beworben. Ich durfte mich vorstellen und für Probearbeiten nach Hinwil fahren. Nach diesen Probearbeiten reiste ich mit einem unterschriebenen Vertrag nach Hause und musste nur überlegen, wann ich meinen Job antreten wollte – ein tolles Gefühl.
Sie haben im letzten Jahr Ihre Ausbildung zum Automobil-Diagnostiker mit Bestnoten abgeschlossen. Wie können Sie nun von dieser guten Basis profitieren?
Wir haben uns schon damals mit Hybrid- und Sensortechnik, Elektronik und Fahrzeuggeometrie befasst, das ist sicherlich hilfreich. Doch in der F1 ist natürlich alles eine Nummer grösser und komplexer. Die gute Basis hilft zwar, aber man muss viel Neues dazulernen. Aber im Bereich Elektronik und Fahrwerksgeometrie konnte ich sicher von meiner Ausbildung profitieren.
Für einen Mechaniker ist eine äusserst sorgfältige Arbeitsweise unabdingbar, denn schon der kleinste Fehler könnte einen Rennausfall verursachen. Quelle: Sauber
Was sind Ihre Ziele innerhalb der F1-Teams?
Mein persönliches Ziel ist sicherlich, dass ich den Sprung ins Rennteam schaffe und dann mit zu den Rennen reisen darf. Im ersten Jahr ist man als Junior-Mechaniker noch in Hinwil stationiert. So lerne ich die ganzen Abläufe im Team kennen und erhalte sogar Einblick in andere Bereiche, wie etwa die Schweisserei. Als Mechaniker ist mir aber grundsätzlich wichtig, dass unsere Fahrer ohne technische Defekte ins Ziel kommen. Die Ingenieure und Aerodynamiker sind dafür zuständig, dass unsere Rennboliden möglichst schnell sind, wir dagegen, dass sie zuverlässig funktionieren. Denn wenn wie zum Saisonauftakt im österreichischen Spielberg andere Teams Ausfälle hinnehmen müssen, dann haben wir bei Alfa Romeo Racing Orlen automatisch grössere Chancen auf wichtige WM-Punkte.
Wie sieht ein Arbeitstag von Ihnen bei Sauber Motorsport in Hinwil aus?
Kein Tag ist gleich wie der andere. Vor dem F1-Saisonstart hatten wir viel mit dem Aufbau der Fahrzeuge zu tun. Dann waren wir vor allem im Bereich des Musterbaus gefragt. Schliesslich mussten die Ingenieure und Aerodynamiker wissen, ob ihre Ideen nicht nur auf den Computerzeichnungen funktionierten, sondern auch in der Realität. Sogar bei den Boxenstopp-Übungen durfte ich da schon mitmachen. Während der Saison haben wir nun mehr mit Arbeiten an Intercoolern und Wärmetauschern, aber auch dem Aufbau der Einsatzchassis zu tun. Zudem kommt immer wieder der Musterbau für Updates aus der Entwicklungsabteilung hinzu. Das macht meinen Alltag extrem spannend und abwechslungsreich.
Hatten Sie selbst auch schon Kontakt mit den beiden Fahrern Kimi Räikkönen und Antonio Giovinazzi?
Kimi Räikkönen hat bereits mehrmals, sogar schon mit seinem Sohn, bei uns in Hinwil vorbeigeschaut, aber nur wenig gesprochen. Antonio Giovinazzi habe ich bei der Sitzprobe kurz getroffen. Am meisten gesprochen habe ich mit Robert Kubica, der für die Saison 2020 als Test- und Entwicklungsfahrer ins Team zurückkehrte, in dem er seine Formel-1-Karriere einst begann. Beim Anpassen seines Sitzes war ich dabei.
Die ersten Rennen der Saison liefen für Alfa Romeo Racing Orlen nicht wunschgemäss, bedeutet das jeweils Zusatzarbeit für alle in Hinwil?
Wir im Bereich des Car Assembly sind mehr mit der Wartung und der Überprüfung von Teilen beschäftigt. Im Bereich Performance und Aerodynamik gab es nun sicher etwas mehr zu tun. Aber in der Formel 1 wollen sich ja alle Teams, selbst Spitzenteams wie Mercedes-AMG Petronas, immer verbessern und von Rennen zu Rennen schneller werden. Von daher ist man immer gefordert, die Performance der Boliden zu verbessern.
Das Rennteam in der Boxengasse während des Grand Prix von Ungarn 2020 in Action. Quelle: Sauber
Was waren die grössten Umstellungen, als Sie von der Garage zur F1-Schmiede wechselten?
Das sind zwei unterschiedliche Welten. Aber vor allem die Arbeit mit ganz anderen Materialien ist sehr interessant. In der Garage meines Vaters war ein Teil aus Karbon ein Highlight im Mechatroniker-Alltag. Hier arbeiten wir konstant mit Karbon und Titanium. Schon der kleinste Fehler kann zu einem Ausfall im Rennen, somit Punkte- und natürlich auch einem massiven Geldverlust führen. Die Konsequenzen sind bei einem Fehler in einer Garage zwar ebenfalls ärgerlich, aber lange nicht so gravierend. In meinem Alltag ist daher eine äusserst sorgfältige Arbeitsweise unabdingbar. Ausserdem warten wir nicht nur Autos wie in einer normalen Garage, sondern bauen diese. Daher muss ich auch mal neue Drehteile produzieren oder ganz neue Lösungsansätze finden.
Wie viele Leute sind in Hinwil tätig?
In meiner Abteilung, dem Car Assembly, sind wir sechs Mitarbeiter, insgesamt sind in Hinwil aber über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, bei der Sauber Motorsport AG, der Sauber Aerodynamics AG und der Sauber Engineering AG. Die letzten beiden übernehmen auch Kundenaufträge im Motorsport, anderen Sportarten oder selbst für die Lebensmittelindustrie.
Und was raten Sie anderen Jugendlichen, die von einem Job im Motorsport träumen?
Gute Bewerbungsunterlagen und Noten helfen sicher, aber auch private Erfahrungen im Motor- oder Kartsport sind hilfreich. Zudem muss man sich bewusst sein, dass man keinen normalen Job antritt und bereit sein, viel Zeit zu investieren. Manchmal ist nicht einfach um 17.30 Uhr, sondern vielleicht erst um 21 oder 22 Uhr Schluss. Gehört man zum F1-Rennteam, ist man zwar weltweit unterwegs, aber auch an über 20 Wochenenden weg von zuhause. Daher ist für den Job sicherlich auch viel Herzblut nötig.
Der 24-Jährige Luzerner Automobil-Diagnostiker, Roman Giger, arbeitet seit 2020 als Junior-Mechaniker für das Hinwiler Formel-1-Team von Alfa Romeo Racing Orlen. Quelle: Sauber
jas. Herr Giger, war für Sie schon während der Ausbildung klar, dass Sie einst in die Formel 1 wollen?
Roman Giger, Automobil-Diagnostiker und Junior-Mechaniker bei der Sauber Motorsport AG: (lacht) Eigentlich schon viel früher. Mein Vater besitzt in Richenthal LU die Hubgarage AG. Ich war schon als Kind immer von Autos umgeben und bereits damals fasziniert vom Motorsport. Schon als Jugendlicher verfolgte ich Rallye, RallyeCross, MotoGP und Formel1, später interessierte ich mich auch für Driftrennen und fuhr selbst welche. Daher war es für mich schon immer ein Wunschtraum, irgendwann für ein Formel-1-Team arbeiten zu dürfen.
Wie gelang Ihnen der Sprung in die Hinwiler F1-Schmiede?
Ich habe schon während meiner Ausbildung zum Automobil-Diagnostiker auf dem Internetportal von Sauber jeweils geschaut, welche Jobs ausgeschrieben waren. Im September 2019 habe ich dann den Job als Junior-Mechaniker entdeckt und mich noch kurz vor dem Abschluss zum Automobil-Diagnostiker beworben. Ich durfte mich vorstellen und für Probearbeiten nach Hinwil fahren. Nach diesen Probearbeiten reiste ich mit einem unterschriebenen Vertrag nach Hause und musste nur überlegen, wann ich meinen Job antreten wollte – ein tolles Gefühl.
Sie haben im letzten Jahr Ihre Ausbildung zum Automobil-Diagnostiker mit Bestnoten abgeschlossen. Wie können Sie nun von dieser guten Basis profitieren?
Wir haben uns schon damals mit Hybrid- und Sensortechnik, Elektronik und Fahrzeuggeometrie befasst, das ist sicherlich hilfreich. Doch in der F1 ist natürlich alles eine Nummer grösser und komplexer. Die gute Basis hilft zwar, aber man muss viel Neues dazulernen. Aber im Bereich Elektronik und Fahrwerksgeometrie konnte ich sicher von meiner Ausbildung profitieren.
Für einen Mechaniker ist eine äusserst sorgfältige Arbeitsweise unabdingbar, denn schon der kleinste Fehler könnte einen Rennausfall verursachen. Quelle: Sauber
Was sind Ihre Ziele innerhalb der F1-Teams?
Mein persönliches Ziel ist sicherlich, dass ich den Sprung ins Rennteam schaffe und dann mit zu den Rennen reisen darf. Im ersten Jahr ist man als Junior-Mechaniker noch in Hinwil stationiert. So lerne ich die ganzen Abläufe im Team kennen und erhalte sogar Einblick in andere Bereiche, wie etwa die Schweisserei. Als Mechaniker ist mir aber grundsätzlich wichtig, dass unsere Fahrer ohne technische Defekte ins Ziel kommen. Die Ingenieure und Aerodynamiker sind dafür zuständig, dass unsere Rennboliden möglichst schnell sind, wir dagegen, dass sie zuverlässig funktionieren. Denn wenn wie zum Saisonauftakt im österreichischen Spielberg andere Teams Ausfälle hinnehmen müssen, dann haben wir bei Alfa Romeo Racing Orlen automatisch grössere Chancen auf wichtige WM-Punkte.
Wie sieht ein Arbeitstag von Ihnen bei Sauber Motorsport in Hinwil aus?
Kein Tag ist gleich wie der andere. Vor dem F1-Saisonstart hatten wir viel mit dem Aufbau der Fahrzeuge zu tun. Dann waren wir vor allem im Bereich des Musterbaus gefragt. Schliesslich mussten die Ingenieure und Aerodynamiker wissen, ob ihre Ideen nicht nur auf den Computerzeichnungen funktionierten, sondern auch in der Realität. Sogar bei den Boxenstopp-Übungen durfte ich da schon mitmachen. Während der Saison haben wir nun mehr mit Arbeiten an Intercoolern und Wärmetauschern, aber auch dem Aufbau der Einsatzchassis zu tun. Zudem kommt immer wieder der Musterbau für Updates aus der Entwicklungsabteilung hinzu. Das macht meinen Alltag extrem spannend und abwechslungsreich.
Hatten Sie selbst auch schon Kontakt mit den beiden Fahrern Kimi Räikkönen und Antonio Giovinazzi?
Kimi Räikkönen hat bereits mehrmals, sogar schon mit seinem Sohn, bei uns in Hinwil vorbeigeschaut, aber nur wenig gesprochen. Antonio Giovinazzi habe ich bei der Sitzprobe kurz getroffen. Am meisten gesprochen habe ich mit Robert Kubica, der für die Saison 2020 als Test- und Entwicklungsfahrer ins Team zurückkehrte, in dem er seine Formel-1-Karriere einst begann. Beim Anpassen seines Sitzes war ich dabei.
Die ersten Rennen der Saison liefen für Alfa Romeo Racing Orlen nicht wunschgemäss, bedeutet das jeweils Zusatzarbeit für alle in Hinwil?
Wir im Bereich des Car Assembly sind mehr mit der Wartung und der Überprüfung von Teilen beschäftigt. Im Bereich Performance und Aerodynamik gab es nun sicher etwas mehr zu tun. Aber in der Formel 1 wollen sich ja alle Teams, selbst Spitzenteams wie Mercedes-AMG Petronas, immer verbessern und von Rennen zu Rennen schneller werden. Von daher ist man immer gefordert, die Performance der Boliden zu verbessern.
Das Rennteam in der Boxengasse während des Grand Prix von Ungarn 2020 in Action. Quelle: Sauber
Was waren die grössten Umstellungen, als Sie von der Garage zur F1-Schmiede wechselten?
Das sind zwei unterschiedliche Welten. Aber vor allem die Arbeit mit ganz anderen Materialien ist sehr interessant. In der Garage meines Vaters war ein Teil aus Karbon ein Highlight im Mechatroniker-Alltag. Hier arbeiten wir konstant mit Karbon und Titanium. Schon der kleinste Fehler kann zu einem Ausfall im Rennen, somit Punkte- und natürlich auch einem massiven Geldverlust führen. Die Konsequenzen sind bei einem Fehler in einer Garage zwar ebenfalls ärgerlich, aber lange nicht so gravierend. In meinem Alltag ist daher eine äusserst sorgfältige Arbeitsweise unabdingbar. Ausserdem warten wir nicht nur Autos wie in einer normalen Garage, sondern bauen diese. Daher muss ich auch mal neue Drehteile produzieren oder ganz neue Lösungsansätze finden.
Wie viele Leute sind in Hinwil tätig?
In meiner Abteilung, dem Car Assembly, sind wir sechs Mitarbeiter, insgesamt sind in Hinwil aber über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, bei der Sauber Motorsport AG, der Sauber Aerodynamics AG und der Sauber Engineering AG. Die letzten beiden übernehmen auch Kundenaufträge im Motorsport, anderen Sportarten oder selbst für die Lebensmittelindustrie.
Und was raten Sie anderen Jugendlichen, die von einem Job im Motorsport träumen?
Gute Bewerbungsunterlagen und Noten helfen sicher, aber auch private Erfahrungen im Motor- oder Kartsport sind hilfreich. Zudem muss man sich bewusst sein, dass man keinen normalen Job antritt und bereit sein, viel Zeit zu investieren. Manchmal ist nicht einfach um 17.30 Uhr, sondern vielleicht erst um 21 oder 22 Uhr Schluss. Gehört man zum F1-Rennteam, ist man zwar weltweit unterwegs, aber auch an über 20 Wochenenden weg von zuhause. Daher ist für den Job sicherlich auch viel Herzblut nötig.
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