Der Schlüssel zu allen Fahrzeugdaten

Digitale Helfer in der Werkstatt

Der Schlüssel zu allen Fahrzeugdaten

23. April 2024 agvs-upsa.ch – ​Bei immer mehr Arbeiten am Fahrzeug ist der Zugang zu den Herstellerdaten unerlässlich. Swiss Remote ist eine Alternative, wie auch freie Garagen den notwendigen Zugriff auf diese Daten erhalten, um alle Fahrzeuge der Kundschaft korrekt warten zu können. Sascha Rhyner


Während via Swiss Remote die Fernwartung läuft, hat der Garagist Zeit, andere Arbeiten am Fahrzeug vorzunehmen. Fotos: AGVS-Medien

Der Kunde betritt die Werkstatt des «Garage Plus»-Betriebs und blickt etwas schwermütig auf seine rechte Handfläche. Darauf liegt in zwei Teilen der Schlüssel seines Skodas. Und weil Autoschlüssel heute eben nicht einfach nur Türöffner, sondern programmierbare Elektronik sind, wird dies insbesondere für freie Garagen oft zur Herausforderung. Denn oft haben nur Marken garagen die Möglichkeit, neue Schlüssel zu programmieren. Aber hier? Kein Problem. Die «Garage Plus» hat ein Swiss Remote-Gerät. Dieser kleine, wertvolle Helfer in der Werk statt ist quasi der Schlüssel für die Eintrittspforten der Autohersteller. Nach dem Anschluss an die OBD-Schnittstelle verbindet sich das Gerät über Wlan oder Lan-Kabel mit dem Server.

Unterstützung via Chat
«Dank unserem grossen Netzwerk haben wir Zugang zu den meisten Marken und können rund 35’000 Arbeiten ausführen», erklärt Nicolas Knobel, Leiter Produktmanagement & Business Development bei Derendinger. Der Vorteil von Swiss Remote liege darin, dass aus der Ferne mit originaler Hard und Software gearbeitet werde. «So können beispielsweise Schlüssel programmiert oder Sensoren angelernt werden», so Knobel. Dies sei mit einem gewöhnlichen Multimarken-Diagnosegerät nicht möglich. «Grundsätzlich läuft die Wartung dann aus der Ferne mit unserem Team, welches das Werkstattpersonal via Chat anleitet.» Es könne sein, dass während der Fernwartung Manipulationen am Auto von Hand vorgenommen werden müssen etwa Bedienung des Blinkers. Dazu ist Unterstützung via Hotline da in allen Landessprachen.

Lanciert wurde Swiss Remote an der Swiss Automotive Show 2022. Die Betriebe, die sich seither mit Swiss Remote ausgerüstet hätten, gäben ein gutes Feedback. «Wir arbeiten derzeit rund 300 Tickets pro Monat ab», erklärt Knobel. Die Nachfrage sei entsprechend gut: «Wir waren schon zweimal ausverkauft, haben die Geräte jetzt aber wieder in genügender Menge an Lager, denn wir erwarten in diesem Jahr eine weitere Steigerung.» Interessant sei Swiss Remote vor allem für freie Garagen und für Markengaragen, die einen Anteil Fremd marken betreuen. «Die Garagistinnen und Garagisten müssen dann nicht mehr zur entsprechenden Markenvertretung fahren.» Ziel sei es, dass freie Garagen dieselben Arbeiten in gleicher Qualität erledigen können. Zwar muss der Hersteller gemäss Gesetzen auch unabhängigen und freien Werkstätten den Zugang zu Daten gewährleisten, doch ist dies nicht immer einfach möglich respektive wird in der EU mit der Einführung von Sermi geregelt.


Bald Geschichte? Das Serviceheft im Handschuhfach. Foto: Shutterstock

Nur ein Login
Inzwischen hat sich der «Garage Plus»-Garagist im Büro ins Portal des digitalen Service-hefts von Skoda eingeloggt und den neu programmierten neuen Schlüssel eingetragen. «Auch hier haben wir eine Lösung für verschiedene Marken», erklärt Knobel. Der Zugang erfolgt über ein Portal bei Derendinger. «Die Garagen haben eine Maske und einen Zugang und brauchen nicht für jeden Hersteller ein Login», so Knobel weiter. Im Hintergrund arbeite der Schweizer Zulieferer mit einem deutschen Partner. Der stelle sicher, dass die Logins bei den Herstellerportalen aktiv bleiben. Denn bereits allein dies kann sonst mühsame Arbeit sein.

Relevant für die Garage: Die Dokumentation, die sie der Kundin oder dem Kunden abgeben kann, ist auf dem originalen Layout des Herstellers und auch dort im System hinterlegt. «Eine freie Garage bietet so den gleichen Service wie die Markenvertretung», so Knobel. Und der Service gewinne an Bedeutung. Einerseits sei das digitale Serviceheft ein zu nehmendes Bedürfnis bei der Kundschaft, anderseits biete die digitale Dokumentation Garagen und Werkstätten Vorteile. «Es ist ein facher zu erklären, welche Arbeiten bei einem Service vorgenommen wurden; der Eintrag hat einen Wert, den man schnell sieht und weiterverrechnen kann», sagt Knobel. Auch beim Fahrzeughandel werde das digitale Serviceheft an Bedeutung gewinnen, weil der Restwert einfacher zu berechnen sei. Gleich zeitig garantiere die digitale Form die Qualität der Dokumentation: klar und strukturiert. So sei beispielsweise detailliert vorgegeben, was bei einem 30’000er-Service ansteht. «Kundinnen und Kunden haben überdies den Vorteil, dass dies auch gegeben ist, wenn sie die Garage wechseln», so Knobel. Und es ist quasi unmöglich, das Serviceheft unauffindbar zu verlegen.


Kaputte Schlüssel können dank Swiss Remote auch von freien Garagen ersetzt und programmiert werden.

Immer mehr Hersteller
Aber das Serviceheft im Handschuhfach? Es entspreche heute nicht mehr dem Stand der Technik. Deshalb hat Mazda als Vorreiter 2006 die digitale Lösung lanciert, weitere Marken sind seither aufgesprungen. «Wir stellen fest, dass Garagen, die das digitale Serviceheft anwenden, es immer mehr nutzen», erklärt Knobel. «Wir arbeiten mit unserem Partner im Hintergrund daran, Angebote für Marken schaffen, die noch keine digitale Lösung haben.» Derzeit sind bei Derendinger die Zugänge für 15 Hersteller gewährleistet; neue Marken sollen noch 2024 dazukommen. Kurzum: Die Garagen haben jetzt einen Schlüssel in der Hand, um auch in Zukunft die Fahrzeuge der Kundschaft unabhängig der Marke anforderungsgerecht zu warten. Und deren Schlüssel.
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